Einfach tierisch, dieser Magnetsinn!

Magnetsinn bei Tieren

In den vergangenen Wochen haben sich die Zugvögel wieder einmal auf den Weg in wärmere Gefilde gemacht. Habt ihr euch beim Anblick der großen Schwärme, die am Himmel vorüber ziehen, nicht auch schon mal gefragt, woher sie eigentlich den Weg kennen? Ganz einfach: Die schlauen Tiere haben einen siebten Sinn, den Magnetsinn!

Magnetsinn – was ist das?

Als Magnetsinn bezeichnet man allgemein die Fähigkeit von Tieren, das Magnetfeld der Erde wahrzunehmen und es für die Ortsbestimmung zu nutzen. Laut der britischen Zeitschrift „Nature“ verfügen etwa 50 Arten über diese Orientierungshilfe. Nachgewiesen wurde sie zum ersten Mal Mitte der 60er Jahre vom deutschen Ornithologen Wolfgang Wiltschko am Beispiel der Rotkehlchen, später bei Dorngrasmücken und Tauben.

Wie funktioniert der Magnetsinn?

Eine hundertprozentig gesicherte Antwort auf diese Frage gibt es leider noch nicht, dafür aber viele in sich logische Hypothesen. Wichtig ist zu wissen, dass Magnetsinn nicht gleich Magnetsinn ist, er wirkt bei den verschiedenen Tierarten offenbar sehr unterschiedlich.

Vögel haben einen eingebauten „Magnet-Kompass“

Vögel nutzen das Magnetfeld der Erde als elektromagnetische Landkarte. Sie erkennen den Neigungswinkel von Magnetfeldlinien relativ zur Erdoberfläche und unterscheiden zwischen „polwärts“ und „äquatorwärts“: Am Pol weisen die Magnetfeldlinien senkrecht nach oben, am Äquator verlaufen sie parallel zur Erdoberfläche. Wo genau der Magnetsinn der Vögel sitzt, darüber sind sich die Forscher noch nicht einig. Die einen vermuten ihn in bestimmten Molekülen in der Netzhaut der Augen, andere im Bereich des Schnabels.

Letzter Theorie zufolge sind oberhalb des Schnabels kleine Magnetitstückchen eingelagert. Magnetit ist das stärkste Oxid des Eisens, es reagiert sehr empfindlich auf die Stärke eines Magnetfeldes. Je nachdem, wie der Vogel in Relation zum Erdmagnetfeld fliegt, so die Annahme, verändern sich die Stücke in ihrer Form und lösen unterschiedliche Reaktionen im Gehirn aus, was wiederum das Flugverhalten beeinflusst.

Magnetsinn bei anderen Tierarten

Die australischen Kompasstermiten nutzen das Magnetfeld der Erde dazu, ihre bis zu drei Meter hohen Bauten in Nord-Süd-Richtung zu errichten. Dadurch vermeiden sie, dass sich die Bauten durch die Sonne im Innern stark aufheizen.

Viele Meeresschildkröten orientieren sich am Magnetfeld der Erde, wenn sie nach ihrer bis zu 20 Jahre dauernden Reise durch die Weltmeere zur Eiablage an an ihren Geburtsstrand zurückkehren. Wissenschaftler vermuten, dass sie sich die Neigung der Magnetfeldlinien  dauerhaft einprägen und dadurch zurückfinden.

Wale legen bei ihren Wanderungen oft bis zu mehrere Tausende Kilometer zurück. Wie genau sie ihren Weg finden, ist noch nicht gänzlich geklärt. Fest steht aber: Der Magnetsinn spielt dabei eine entscheidende Rolle. Forscher konnten auch bei dieser Tierart Magnetitkristalle im Kopfbereich nachweisen. Mit diesen natürlichen „Magnetfeldsensoren“ können Wale in der Meerestiefe ihre Beute erspüren.

Swarm-Satelliten sind so fein wie der tierische Magnetsinn

Es gibt  gar einen Zusammenhang zwischen dem Magnetsinn der Wale und den drei Swarm-Satelliten, die die ESA zur Erkundung des Erdmagnetismus in den Weltraum schicken wird: Die Satelliten sind mit feinsten Sensoren ausgestattet, die jede noch so kleine Veränderung oder Abweichung im Magnetfeld der Erde dokumentieren. Aus den Datensätzen, die dabei gewonnen werden, können Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Entwicklung des Klimas ziehen, neue Rohstoffvorkommen entdecken, die Funktionsweise von Navigationsgeräten verfeinern. Wer weiß, vielleicht finden Wissenschaftler eines Tages auch die ultimative Erklärung für den Magnetsinn der Tiere.

Foto: picture-alliance